würdest, wenn du sie kenntest.
Arthur Schnitzler
Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht.
© Albert Schweitzer
Milchmann
In einem frommen Frauenkloster,
wo man nur liebt den Paternoster,
da fügt es sich, daß – wie in jedem Jahr –
mal wieder der Oberin Namenstag war.
Sie war so fromm und ein Vorbild der Nonnen,
drum haben sich heuer diese ersonnen
der lieben Dame zum Angedenken
ein schönes Bild zum Festtag zu schenken.
Denn man hat im Laufe der Zeit entdeckt,
daß in der Nonne Maria ein Maltalent steckt.
Und wirklich, sie konnte – ohne zu prahlen –
die herrlichsten Bilder in Ölfarbe malen.
So malte sie, in aller Unschuld natürlich,
ein männliches Aktbild, so recht figürlich.
Dieses Bild hat man nun der Oberin gebracht.
Da hat die Dame ganz fein gelacht
und gesagt: "Ich freue mich mächtig,
Ihr lieben Kinder, das Bild ist prächtig,
doch scheint mir, daß unsere Künstlerin indessen,
bei diesem Bilde hat etwas vergessen."
Und sie erklärt, daß der liebe Gott, fürs Leben,
dem Manne ein Patengeschenk hat gegeben.
"Daß Ihr das nicht wißt", so sagte sie, "verzeih ich Euch gern,
denn solch eine Unschuld gefällt Gott dem Herrn."
Die Nonne Maria bittet das Bild aus den Händen
der Oberin und sagt: "Ich will's vollenden."
Und wie sie nun über den Klosterhof geht,
da gerade der stämmige Milchmann steht,
der jeden Morgen, wenn's Gebetglöckchen schwingt,
zwei Kannen Vollmilch ins Kloster bringt.
Zu diesem sagt sie nun ganz schnell:
"Ach lieber Mann, steh Du mir Modell!"
Der gute Mann hat sich nicht lange besonnen,
was ist schon dabei bei so unschuld'gen Nonnen.
Und die Nonne Maria, mit feurigen Wangen,
malt naturgetreu, was dem Milchmann gehangen.
Und bringt das vollendete Meisterstück
dem lieben Namenstagkind zurück.
Als die Frau Oberin nun sieht das Bild,
da werden die Augen ganz groß und wild,
und ein Schrei ertönt, wie ihn gehört noch keiner:
"Um Gottes Willen, das ist ja dem Milchmann seiner!"
Unbekannt
Arthur Schnitzler
Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht.
© Albert Schweitzer
Milchmann
In einem frommen Frauenkloster,
wo man nur liebt den Paternoster,
da fügt es sich, daß – wie in jedem Jahr –
mal wieder der Oberin Namenstag war.
Sie war so fromm und ein Vorbild der Nonnen,
drum haben sich heuer diese ersonnen
der lieben Dame zum Angedenken
ein schönes Bild zum Festtag zu schenken.
Denn man hat im Laufe der Zeit entdeckt,
daß in der Nonne Maria ein Maltalent steckt.
Und wirklich, sie konnte – ohne zu prahlen –
die herrlichsten Bilder in Ölfarbe malen.
So malte sie, in aller Unschuld natürlich,
ein männliches Aktbild, so recht figürlich.
Dieses Bild hat man nun der Oberin gebracht.
Da hat die Dame ganz fein gelacht
und gesagt: "Ich freue mich mächtig,
Ihr lieben Kinder, das Bild ist prächtig,
doch scheint mir, daß unsere Künstlerin indessen,
bei diesem Bilde hat etwas vergessen."
Und sie erklärt, daß der liebe Gott, fürs Leben,
dem Manne ein Patengeschenk hat gegeben.
"Daß Ihr das nicht wißt", so sagte sie, "verzeih ich Euch gern,
denn solch eine Unschuld gefällt Gott dem Herrn."
Die Nonne Maria bittet das Bild aus den Händen
der Oberin und sagt: "Ich will's vollenden."
Und wie sie nun über den Klosterhof geht,
da gerade der stämmige Milchmann steht,
der jeden Morgen, wenn's Gebetglöckchen schwingt,
zwei Kannen Vollmilch ins Kloster bringt.
Zu diesem sagt sie nun ganz schnell:
"Ach lieber Mann, steh Du mir Modell!"
Der gute Mann hat sich nicht lange besonnen,
was ist schon dabei bei so unschuld'gen Nonnen.
Und die Nonne Maria, mit feurigen Wangen,
malt naturgetreu, was dem Milchmann gehangen.
Und bringt das vollendete Meisterstück
dem lieben Namenstagkind zurück.
Als die Frau Oberin nun sieht das Bild,
da werden die Augen ganz groß und wild,
und ein Schrei ertönt, wie ihn gehört noch keiner:
"Um Gottes Willen, das ist ja dem Milchmann seiner!"
Unbekannt