ohne ihm seine Beteiligung zu nehmen.
Johann Wolfgang von Goethe
Unser sogenanntes Bewußtsein ist dem Geist nicht mehr als eine Art Schlafwandel und doch mehr Schlaf als Wandel.
© Peter Rudl
Hast du noch die alten Briefe?
Hast du noch die alten Briefe,
Die ich dir heimlich zugesteckt;
Liest du manchmal drin, wenn tiefe
Nacht dich mit Gespenstern schreckt:
– Schreib geschwind: das Herzensflämmchen
Brennt's für mich noch lichterloh?
Maus, dein gelbes Schildpattkämmchen
Fand sich unterm Vertikow.
Fand sich auch das Silberbörtchen,
Abgerissen in der Hast,
Und – wie schad' – ein Mandeltörtchen,
Das du nicht gegessen hast.
Tief im Schleier Stirn und Näschen,
Keiner kennt dich – sei doch dreist,
Komm, mein Herzchen, komm, mein Häschen,
Dreimal klopfen – na, du weißt… –
Ach, daß heut ich, blondes Liesel,
Keine Antwort lesen darf,
Weil ich blöder Bildungsstiesel
Damals sie ins Feuer warf.
Denn – so kernecht auch dein Lieben –
Raubte mir's die Seelenruh',
Daß du Herz hast klein geschrieben
Und mit tz auch noch dazu.
Als du wieder, blondes Liesel,
Schlüpftest in mein Gartenhaus,
Flink und munter wie ein Wiesel,
Blieb ich kühl – und es war aus.
Heut? – na ja, ich kann nicht klagen,
Und ein Spaß ist auch dabei.
Viele reife Damen sagen,
Daß ich sehr poetisch sei.
Und sie lieben mich seraphisch,
– Seelenfreundschaft – oder so –
Und sie schreiben orthographisch
Und zitieren Rochefoucauld.
Und für ewig unvergessen
Sei mein Liedchen, sagen sie;
Und sie laden mich zum Essen
Und zu etwas Pomery.
Und mit nützlichen Geschenken
Machen sie sich wert und lieb.
Ich – ich muß der Kleinen denken,
Die ihr Herz mit tz schrieb.
All die Flammen, all die Flämmchen
Gäb' ich heute seelenfroh.
Läg' ein blondes Schildpattkämmchen
Wieder unterm Verikow.
Rudolf Presber
Johann Wolfgang von Goethe
Unser sogenanntes Bewußtsein ist dem Geist nicht mehr als eine Art Schlafwandel und doch mehr Schlaf als Wandel.
© Peter Rudl
Hast du noch die alten Briefe?
Hast du noch die alten Briefe,
Die ich dir heimlich zugesteckt;
Liest du manchmal drin, wenn tiefe
Nacht dich mit Gespenstern schreckt:
– Schreib geschwind: das Herzensflämmchen
Brennt's für mich noch lichterloh?
Maus, dein gelbes Schildpattkämmchen
Fand sich unterm Vertikow.
Fand sich auch das Silberbörtchen,
Abgerissen in der Hast,
Und – wie schad' – ein Mandeltörtchen,
Das du nicht gegessen hast.
Tief im Schleier Stirn und Näschen,
Keiner kennt dich – sei doch dreist,
Komm, mein Herzchen, komm, mein Häschen,
Dreimal klopfen – na, du weißt… –
Ach, daß heut ich, blondes Liesel,
Keine Antwort lesen darf,
Weil ich blöder Bildungsstiesel
Damals sie ins Feuer warf.
Denn – so kernecht auch dein Lieben –
Raubte mir's die Seelenruh',
Daß du Herz hast klein geschrieben
Und mit tz auch noch dazu.
Als du wieder, blondes Liesel,
Schlüpftest in mein Gartenhaus,
Flink und munter wie ein Wiesel,
Blieb ich kühl – und es war aus.
Heut? – na ja, ich kann nicht klagen,
Und ein Spaß ist auch dabei.
Viele reife Damen sagen,
Daß ich sehr poetisch sei.
Und sie lieben mich seraphisch,
– Seelenfreundschaft – oder so –
Und sie schreiben orthographisch
Und zitieren Rochefoucauld.
Und für ewig unvergessen
Sei mein Liedchen, sagen sie;
Und sie laden mich zum Essen
Und zu etwas Pomery.
Und mit nützlichen Geschenken
Machen sie sich wert und lieb.
Ich – ich muß der Kleinen denken,
Die ihr Herz mit tz schrieb.
All die Flammen, all die Flämmchen
Gäb' ich heute seelenfroh.
Läg' ein blondes Schildpattkämmchen
Wieder unterm Verikow.
Rudolf Presber